Auf den ersten Blick scheint das nicht zusammenzupassen: stämmige, muskelbepackte Spieler der Haller Unicorns und kleinwüchsige Menschen, die nicht einmal 1,50 Meter groß sind. Dennoch kommen beide Gruppen am Samstag bestens miteinander aus. „Eine Familie aus Schwäbisch Hall hat den Anstoß dazu gegeben“, erklärt Saskia Bronner. Sie ist die Vorsitzende des Landesverbandes Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien. Der Verband verbringt sein Frühlingstreffen nach 2018 zum zweiten Mal in Hall. „Die Jugendherberge ist barrierefrei und gut für uns geeignet“, sagt Bronner. Etwa 90 Personen fühlen sich dort über das Wochenende wohl. Natürlich tackeln die Unicorns nicht wie in einem richtigen Spiel. Aber die drei Spieler der zweiten Mannschaft, die auch Coaches sind, vermitteln Spielphilosophie, Geschichte und Regeln. Praktische Übungen stehen beim kontaktarmen Flagfootball an. „Eigentlich hätte das draußen stattfinden sollen. Doch wegen des Schnees ist in eine Turnhalle im Berufsschulzentrum gewechselt worden“, führt Bronner aus. „Eine Familie ist richtig heiß geworden auf diesen Sport.“ Probleme im Alltag Kleinwüchsigkeit ist relativ selten. 635 Mitglieder zählt der Landesverband. Vize-Vorsitzender Dominic Krey kommt im Alltag gut zurecht, wie er erzählt. Doch seine Hüften „sind kaputt“, viel laufen kann er nicht. Eine der Folgen der Kleinwüchsigkeit, die er als „Laune der Natur“ bezeichnet. Melanie Fuchs führt mit 1,21 Meter Körpergröße ein normales Leben. Sie fährt auch Fahrrad, allerdings ein Kinderrad mit 20 Zoll Felgengröße. Ihr Alltag könnte einfacher sein, wenn beispielsweise der Bankautomat und die Zapfpistole an der Tankstelle nicht so hoch hängen würden. Liegen Waren im Regal beim Einkaufen ganz oben, bittet sie Verkäufer oder Kunden um Hilfe. „Das klappt auch gut“, lautet ihre Erfahrung. „Manchmal sind die Einkaufswagen zu hoch. Ich bekomme die Sachen zwar hinein, aber nicht wieder raus“, schildert sie. Am Bahnsteig oder im Bus wird es dann schwierig, wenn die Steige zu hoch sind oder die Knöpfe zum Türöffnen einfach außer Reichweite sind. Doch daran hat sie sich längst gewöhnt. Jasmin Schneider, Mutter zweier kleinwüchsiger Kinder (9 und 15 Jahre), ist 1,35 Meter groß. Sie geht offen mit ihrer Kleinwüchsigkeit um. Im Kindergarten und in der Schule ist sie auf Lehrer und Eltern zugegangen und hat über Kleinwuchs geredet. Das hat viele Probleme gar nicht erst entstehen lassen. „Fremde Leute wissen oft nicht, wie sie mit mir umgehen sollen. Ich sehe 1000 Fragen in ihren Augen, aber sie trauen sich nicht, sie zu stellen“, führt sie aus. Was sie nicht mag, sind Überfürsorglichkeit und Überhilfsbereitschaft. „Wenn ich etwas möchte, sage ich das auch. Aber wenn ich vor dem Regal nach oben schaue, braucht mir keiner ohne zu fragen die Ware runterzureichen.“ Und ihren Kindern solle man auch nicht das abnehmen, was sie selber machen können.
04.04.22 – Bericht LKMF BaWü Frühjahrstreffen
Text: Jochen Korte, Bild: Ufuk Arslan